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Für alle Leser der Homepage gibt es hier die Klappentexte. Das neue Buch erschien im April 2014 im Verlag edition-innsalz.


 

Klappentext

Ferdinand und Franz aus dem Armenhaus von Zwettl werden 1876 auf Betreiben des Bürgermeisters nach Unter St. Veit ins Rettungshaus für verwahrloste Kinder abgeschoben. Dort werden sie von einem korrupten Hausvater an den Protektor des Schutzvereins dieser Unmündigen, den Erzbischof von Wien, als Lustknaben vermittelt. Dessen Sekretär kommt ihm auf die Schliche, wagt es jedoch wegen der von Rom verordneten Geheimhaltungspflicht nicht, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Beide Knaben werden abhängig von ihrem prominenten Beichtvater und nach ihrer Pubertät Urninge, also homosexuell, was später vom Zeichenlehrer Ferdinands im bischöflichen Knabenseminar Hollabrunn ausgenützt wird. In Erinnerung an die Affaire Groër und die permanenten Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche wird hier auf die tatsächlich „Verwahrlosten“ im Klerus Bezug genommen. Das Verblüffende ist, dass der leibliche Sohn des Armenhäuslers Johann Nepomuk Kohler, Ferdinand, sein Arztstudium bravourös beendet, während Franz, der illegitime Sohn des Bürgermeisters von Zwettl, zum Mörder wird.

Zwanzig Jahre danach wird ein junger Seelenarzt gemeinsamer Ansprechpartner, da die Akteure aus verschiedenen Gründen unter Schlaflosigkeit leiden und der junge Emporkömmling als Experte auf dem Gebiet der Insomnie gilt. Er steht kurz vor der Habilitation und interessiert sich ausschließlich für seine Karriere und die Tochter des jüdischen Primararztes von Steinhof, obwohl er mit der antisemitischen Stimmung seiner Zeit sympathisiert. Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund der drohenden Wolken des Ersten Weltkriegs.

 

LESEPROBE

…Deswegen rat ich Dir dringend, öfter mit mir in die Kirche zu gehen. Dann wird der liebe Gott Dir vielleicht verzeihen, dass Du immer Unfug treibst während der Mess. Und weil Du sowieso noch viel lernen musst, bis Du eines Tages ein Subdiakon sein wirst, darfst Du mir inzwischen den Blasbalg treten bei der Orgel.“ Das hat mich natürlich stolz gemacht vor den anderen Kindern und fromm, wie ich es danach nie mehr gewesen bin. Dass es nicht beim Blasbalgtreten geblieben, sondern zum Blasen, Balgen und Treten hinter den Orgelpfeifen gekommen ist, dafür kann ich nichts. Auch dass der Herr Schullehrer Krautgartner statt meiner Luftstöße für sein Harmonium lieber seine Luststöße an mir ausprobiert hat, war nicht meine Idee. Dass ich so versaut worden bin, hat einzig und allein der Herr Schullehrer Krautgartner auf dem Gewissen. Von ihm hab ich alles gelernt. Ein getriebener Triebtäter war er, wie ich es später geworden bin.

Wehe, wenn Sie auch nur ein Sterbenswörtchen jemandem davon erzählen, Herr Doktor, was ich Ihnen da alles anvertrau! Dann holt Sie womöglich auch noch der Böse, nicht nur mich, Sie werden sehen! Dann windet er sich bei Ihnen auch jede Nacht aus dem Botschamber heraus. Und dann müssen S’ womöglich genau wie ich drei Jahr vor der ewigen Verdammnis bei den Schwestern hier im Kloster ausharren.  Bis ihre Schuld getilgt ist…

 

 

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Klappentext von
Sittlich minderwertig!

Bereits mit diesem Urteil einer Volksschuldirektorin wurden Ende der 1950er Jahre die beiden Barackenkinder Fini und Christl, die in einer kinderreichen Familie in den Notunterkünften des ehemaligen Fluko- Lagers in Vöcklabruck lebten, im Schülerbeschreibungsbogen als „Abschaum“ abgestempelt. Die Armut dieser Ausgegrenzten war so groß, dass sie nicht einmal Unterhosen besaßen, ein Mangel, der einen behinderten Kinderschänder aus gutem Hause dazu animierte, sich ihnen unsittlich zu nähern. Da die beiden Mädchen überdies bettelten und ihre Eltern mit ihrer Erziehung überfordert waren, kamen sie in das Heim für „Schwererziehbare“ nach Kramsach in Tirol, wo erst ihr wahrer Leidensweg begann. Unter einer sadistischen Heimleitung der Mutwilligkeit bösartiger Erzieherinnen ausgesetzt, begann ein unvorstellbares Martyrium in tradierten nationalsozialistischen Erziehungsmodellen für die beiden Schwestern und ihre Leidensgenossinnen, die sich etwa im Karzer mit den Ratten befreundeten und ihre kahlen Stellen der ausgerissenen Haare wegen beim Kirchgang unter Mützen verstecken mussten.

Auch die lieblosen Führungsberichte der Direktorin an das Jugendamt- im Original zitiert- strotzen nur so vor verbalen Faustschlägen. Die Zustände in Kramsach riefen schon 1964 die oberösterreichische Wochenzeitung „ECHO“ auf den Plan, die zwar ausführlich über die Gräuel berichtete, deren wiederholter Appell jedoch bei den zuständigen Behörden auf keinerlei Widerhall stieß. Alles blieb beim Alten. Als Fini aus Hunger lange Zeit hindurch heimlich aus der Speisekammer Esswaren stahl und dabei ertappt wurde, überstellte man die beiden in andere Heime, wo sie eine Haushaltungsschule besuchten und fortan getrennte Wege gingen.

Nach ihrer Entlassung aus der Fürsorgeerziehung konnten beide nie über ihre Zeit im Heim hinwegkommen. Besonders im Leben Finis, deren Verlustängste in der Kindheit sich fortan negativ auf ihre Beziehungen zu Männern auswirkten, kam es zu vorprogrammierten Schwierigkeiten, die sie sich heute, mit fünfundsechzig Jahren, als Gedächtnisprotokoll von der Seele schrieb. Aus ihrer permanenten Suche nach Nestwärme entwickelte sich eine übersteigerte Rastlosigkeit, die sich in zahlreichen Umzügen, vielen verschiedenen Lebenspartnern, mehrfachen Eheschließungen, reichlichem Kindersegen und darauf folgenden Scheidungen, Selbstmordversuchen und Klinikaufenthalten in der Psychiatrie manifestiert. Ein typisches Beispiel für das klägliche Scheitern staatlicher Fürsorgeerziehung der Nachkriegszeit!

Mit diesem Buch, in dem jedes Wort wahr ist, lieh die Autorin der Protagonistin abwechslungsweise ihre Stimme, damit diese ihr Unrecht in literarisch würdiger Form in die Welt hinausschreien konnte. Ein Leid jagte das andere und die Trostlosigkeit ihrer Lebensreise ohne Rückfahrkarte ist Fini heute durchaus bewusst. Auch Christl kann ihren Peinigern nicht verzeihen. Doch das Rad der Zeit lässt sich nun einmal nicht mehr zurück drehen, auch wenn den beiden ehemaligen Heimkindern durch dieses Buch zu Entschädigungszahlungen und sensiblen Entschuldigungsschreiben verholfen werden konnte, wofür dem Landeshauptmann von Tirol, Günther Platter, und den zuständigen Opferschutzstellen herzlich gedankt sei.

 

Rückseite

„….Die Zöglinge des Landeserziehungsheimes Kramsach in Tirol essen sich gegenseitig das ihnen vorgelegte Essen auf, da ihnen die Portionen zu klein seien. Sie haben Hunger. Manche Kinder trachten das Essen von ihren Kollegen zu bekommen, denen das Heimessen gerade nicht schmeckt und die in der glücklichen Lage sind, genügend Pakete von den Angehörigen zu bekommen. Die Essensreste werden unter den unappetitlichsten Umständen von den Hungrigen eingesammelt.

Es kommt immer wieder vor, dass Kinder mit Wissen des Heimpersonals von anderen geschlagen werden. Unter den Kindern wird über Besuche bei den Erzieherinnen gemunkelt. Es wird unter ihnen davon gesprochen, wenn jemand bei der Schwester (es werden Namen genannt) oben war.

Kindern, die aus dem Heim fliehen, wird nach ihrer Wiedereinlieferung das Haar (sic!) kahl geschoren. Nicht immer, aber es sind konkrete Fälle bekannt, in denen es geschehen ist. Besonders erniedrigend wird dann von den so verunstalteten Mädchen empfunden, wenn ihnen beim Spaziergang im Ort das ihren kahlen Kopf bedeckende Tuch heruntergerissen wird.

Es sind in Kramsach bereits Selbstmordversuche vorgekommen, um aus dem Heim fort zu kommen. Ein Mädchen hat rund 60 (sechzig) Nägel geschluckt, um ins Spital gebracht zu werden. Diese Vorfälle werden vom Landeserziehungsheim in Kramsach berichtet. Für dieses Heim ist die Tiroler Landesregierung zuständig. Sie trägt die Verantwortung für die Erziehung der hier untergebrachten Kinder…“

(zit. nach „Hört Euch Fini an“, in: Echo, 20. Jahr, Nr. 17, 1964, 20).
Das Buch “Sittlich minderwertig” von Ilse Krumpöck kaufen bei Edition innsalz.

 

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